Schwedisch kostenlos lernen? 5 Gründe, die gegen Umsonst-Angebote sprechen – und wie du den richtigen Sprachkurs findest

von

Du liebst Schweden und verbringst jeden Urlaub im Norden? Du möchtest vielleicht sogar auswandern und endlich mit den Einheimischen sprechen können und bist auf der Suche nach Lernangeboten? Viele Apps versprechen kostenlos unkompliziertes Lernen. Aber Vorsicht. Wenn du dich allein auf Gratisprogramme verlässt, kann das für dich nach hinten losgehen.

Hier erfährst du, was gegen diverse Apps spricht, und wir verraten dir, wie du für dich den richtige Sprachkurs findest, um wirklich Schwedisch zu lernen.

Grund 1: Du lernst immer nur die Basics

Egal, ob Anfängerkurs bei YouTube oder Sprach-App; am Anfang lernst du in der Regel, dich vorzustellen. Im nächsten Schritt geht es dann vielleicht um deine Hobbys oder einen Besuch im Café. Kaffee bestellen, check, das kannst du recht flott. Auch Einchecken im Hotel oder auf dem Campingplatz ist kein Problem.

Wenn du nur hin und wieder in Schweden Urlaub machst und nur diese Situationen meistern musst, kannst du jetzt aufhören zu lesen. Dann ist dein aktiver Wortschatz, den du per App aufbaust, vermutlich ausreichend.

Aber was ist, wenn im Urlaub doch mal etwas passiert? Autopanne, gesundheitliche Probleme oder Schäden am Ferienhaus? Dann bringen dich fika, kanelbullar und dubbelrum nicht weiter. Dafür braucht es dann doch etwas mehr Vokabular. Wenn du nach Schweden auswandern willst, sowieso. Denn den Wortschatz für Gespräche auf der Einwanderungsbehörde oder der Bank findest du in kostenlosen Apps in der Regel nicht.

Ein weiteres Problem: die Sätze in den Apps sind standardisiert. Schwedisch ist allerdings eine lebendige Sprache, die sich ständig verändert. Wenn du nun im Café stolz auf Schwedisch deinen Cappuccino und ein Stück Kladdkaka bestellst, die studentische Mitarbeiterin aber in jugendlicher Umgangssprache (schlimmstenfalls sogar noch mit Dialekt) antwortet, verstehst du trotzdem nichts – und ihr wechselt wieder ins Englische. Genau das, was du eigentlich nicht wolltest.

Das bringt uns zum nächsten Grund.

Grund 2: Du wirst wenig bis gar nicht korrigiert

Ja, die Technik wird besser und in manchen Apps gibt es inzwischen Trainingseinheiten zur richtigen Aussprache und Ausfüllübungen zeigen dir an, ob du das richtige Wort eingesetzt hast.

Doch auch hier wirst du mit den kostenlosen Tools früher oder später an deine Grenzen stoßen. Wir haben im vorherigen Abschnitt schon von der Standardisierung gesprochen. In Übungen sind meistens vorgegebene Antworten hinterlegt, die das System sehen will. Wenn die jeweiligen Aufgaben nicht eindeutig gestellt sind, kann es passieren, dass du eine Lösung eingibst, die zwar korrekt ist, von der App aber als falsch gewertet wird. Das ist sowohl frustrierend für dich als LernanfängerIn als auch irritierend. Denn du hattest doch auf einer anderen Plattform gelesen/gehört, dass deine Antwort auch stimmen kann.

Während es bei der Grammatik vielleicht nur ärgerlich ist, wenn du keine Rückmeldung bekommst, kann das bei der Aussprache fatal sein. Verkehrten Satzbau verzeihen die Schweden, weil der Sinn einer Aussage meistens trotzdem verstanden wird. Bei der Aussprache kann ein einzelner falsch betonter Buchstabe allerdings schon die Bedeutung eines Wortes verändern. Es macht einen Unterschied, ob du vila (mit langem i und kurzem l) sagst oder villa (mit kurzem i und doppeltem l). Und fira ist nicht das gleiche wie fyra oder fura.

Wenn du ein höheres Sprachniveau erreichst und nicht mehr nur über Kaffee und den letzten Kinobesuch reden möchtest, sondern vielleicht nach dem Urlaub eine Dankesmail an die nette Vermieterin vom Ferienhaus schreiben willst, helfen dir alle erfolgreich umgedrehten digitalen Vokabelkärtchen nicht viel. Denn wie schreibt man die richtige Einleitung für die Mail? Was, wenn der Satz jetzt länger wird? Und kann ich das Wort, das mir das Onlinewörterbuch gerade ausgespuckt hat, in diesem Kontext ohne Bedenken nutzen?

Das verraten dir die Standardfloskeln in den Apps nicht. Und sie korrigieren dir deine Mail auch nicht. Von dem richtigen Aufbau eines Bewerbungsanschreibens für deinen Traumjob in Schweden mal ganz zu schweigen. Und das sollte doch überzeugen, oder?

Grund 3: Du wirst von Werbung abgelenkt

Du hast es bestimmt schon selbst erlebt: Das Video über die richtige Aussprache ist in vollem Gange und du übst fleißig den Unterschied zwischen kok und kök, und im nächsten Moment wird dir der neue Fruchtjoghurt angepriesen. Bämm – du bist raus aus dem Thema und kannst wieder von vorn anfangen.

Oder du versuchst dich auf neue Sätze zu konzentrieren, aber im unteren Bildschirmrand ploppt ein Banner auf, das dir die günstigsten Fährtickets nach Schweden anbietet. Ist vielleicht nicht uninteressant, bringt dich sprachlich aber leider nicht weiter.

Wenn du fokussiert und erfolgreich lernen willst, ist Ablenkung der Overkill. Das wissen die Macher von Sprach-Apps auch. Natürlich wollen sie, dass du Schwedisch lernst – aber sie verfolgen wie jedes andere Unternehmen wirtschaftliche Ziele. Deshalb werden sie dir ihre Technik und ihr Know-How nicht bedingungslos zur Verfügung stellen. Wenn du nicht zahlst, generiert das Unternehmen Einkommen über Werbung. Så enkelt är det.

Fortschritte beim Schwedischlernen sind da echt schwierig zu erreichen.

Grund 4: Dein Lernfortschritt ist nicht allgemein anerkannt

Wo wir gerade von Fortschritt sprechen. In den meisten Sprach-Apps oder Online-Tools ist ein sogenannter Gamification-Charakter enthalten. Der sorgt dafür, dass du motiviert bei der Sache bleibst. Es macht auch einfach mehr Spaß, wenn nach einer richtig gelösten Aufgabe fünf Goldmünzen aufblinken oder dein Avatar auf der Fortschrittstreppe eine Stufe höher klettert.

Fühlst du dich ertappt? Mach dir keinen Kopf! An Gamification ist erst einmal nichts verwerflich. Im Gegenteil, wir brauchen Belohnung und positiven Zuspruch, damit wir gerne lernen und einen Sinn darin sehen. Auch als Kontrollfunktion für dich selbst ist ein wachsender Fortschrittsbalken gut.

Problematisch wird es, wenn du anhand der Goldmünzen oder des Fortschrittsbalkens Aussagen über dein Sprachniveau machen sollst. Gerade wenn es um offizielle Dinge wie Anforderungen für Jobs geht, wirst du feststellen, dass dir die schönste virtuelle Münzensammlung nichts bringt. Denn das Pro-Level in der Sprach-App ist voraussichtlich nicht ausreichend, um dich auf die Stelle als Postbote zu bewerben. Für akademische Berufe sind in der Regel muttersprachliche Schwedischkenntnisse gefragt (dafür orientierst du dich am besten am Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen). Und selbst wenn „nur“ fließende Sprachkenntnisse in Wort und Schrift gefordert werden, entspricht das ungefähr dem Sprachniveau, das alle haben, die die Regelschulzeit in Schweden verbracht haben. Mal ehrlich, ist dein Schwedisch nach dem absolvierten Pro-Level so gut wie dein Deutsch nach der 10. Klasse? Nicht? – Hier kommt Grund 5.

Grund 5: Du brauchst ewig, um fließend Schwedisch zu sprechen.

Immer nur Basics, keine Korrektur, Ablenkung durch Werbung und eine willkürliche Einschätzung deiner Sprachkenntnisse führen letzten Endes zu einem sehr ernüchternden Ergebnis: Du brauchst ewig, bis du fließend Schwedisch sprichst.

Das muss nicht schlecht sein. Zumindest, wenn du nur aus Neugier eine neue Sprache testen oder im Urlaub Kaffee bestellen möchtest.

Wenn dein erklärtes Ziel aber ist, in absehbarer Zeit nach Schweden auszuwandern, dort zu arbeiten und dich mit KollegInnen, der Nachbarschaft oder den Eltern der neuen FreundInnen deiner Kinder zu unterhalten, dann wirst du mehr brauchen.

„Aber wenn ich erstmal in Schweden bin, kommt das mit dem Fließendsprechen doch von allein!“

Leider nicht! Alles, was du vorher gelernt hast, ist gut und wird dir auf jeden Fall helfen. Nur wenn du erst einmal umgezogen bist, steckst du sehr schnell im Alltag fest. Und wenn du aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse auch erstmal keinen Job hast, wirst du nicht viel Gelegenheit haben, dein mündliches Schwedisch zu vertiefen. Denn die Schweden haben nicht auf dich gewartet und wahrscheinlich auch keine Lust, über den Gartenzaun oder im Hausflur lange Gespräche zu führen. Du kannst froh sein, wenn du sie überhaupt zu Gesicht bekommst und sie „Hej“ sagen.

Zwar gibt es in Schweden auch kostenlose Sprachkurse für Einwanderer (SFI), allerdings bist du da auf das Angebot deiner Kommune angewiesen. Schlimmstenfalls werden dort, wo du wohnst, nur schwedische Alphabetisierungskurse angeboten. Oder der nächste passende Kurs geht erst in einem halben Jahr los. Auf diese Weise hast du letzten Endes also vielleicht Geld gespart – aber unnötig Zeit verloren (die ja oft auch Geld ist …)

Fazit: Kostenlos Schwedisch lernen? Keine gute Idee! So findest du den richtigen Sprachkurs

Sind Apps und kostenlose Angebote also alle Mist?

Nein, auf keinen Fall! Es gibt sehr gute Gratisangebote, die dir auf deinem Schwedisch-Weg helfen werden. Wenn du allerdings nicht das absolute Sprachgenie bist, das nur einmal ein Wörterbuch scannen muss, um fließend zu sein, solltest du dich nach kompetenter Unterstützung umschauen.

Je nachdem, welches Ziel du verfolgst, kann dies ganz unterschiedlich aussehen. Wenn du dich erst einmal ohne Zeitdruck an die schwedische Sprache herantasten möchtest, kannst du einen Kurs bei deiner örtlichen VHS oder einen Onlinekurs buchen. In den Anfängerkursen lernst du dort meistens zwar auch erst einmal „nur“ dich vorzustellen, einen Kaffee zu bestellen und nach dem Weg zu fragen. Aber je nach Kurszusammensetzung kann dein Dozent oder deine Lehrerin auf deine individuellen Fragen eingehen. In jedem Fall bekommst du ein ehrliches und direktes Feedback zu deiner Aussprache, deiner Grammatik und deinem Lernfortschritt.

Du weißt, dass du bald nach Schweden auswandern und dort arbeiten möchtest? Dann kann ein Kurs mit schnellerem Fortschritt genau richtig sein. Im Intensivkurs oder Teilzeitintensivkurs trainierst du mehrmals die Woche dein Hörverstehen, Leseverstehen und schriftlichen und mündlichen Ausdruck. Das ist anstrengend, macht dich aber in kurzer Zeit sprachlich fit.

Wenn du aus welchem Grund auch immer an keinem Kurs teilnehmen kannst, ist es möglich, Privatstunden zu nehmen. Dann vereinbarst du mit deiner Dozentin, wann du wie viel Unterricht nehmen möchtest. Neben zeitlicher Flexibilität hat das für dich außerdem den Vorteil, dass es sich im Unterricht nur um dich und deinen Lernfortschritt dreht.

Egal für welche Variante du dich entscheidest; ein professioneller Sprachunterricht ist eine Investition in dich selbst, die du sicher nicht bereuen wirst.

Die kostenlosen Angebote darfst (und solltest!) du nebenher natürlich trotzdem nutzen.

Wir wünschen dir viel Erfolg beim Schwedischlernen!

Zurück